Erweiterte Variantenkonfiguration in SAP S/4HANA (AVC)
Erweiterte Variantenkonfiguration in SAP S/4HANA (AVC)
Die Nachfrage nach individualisierten Produkten und Einzelanfertigungen steigt kontinuierlich und sorgt in den Unternehmen für steigende Komplexität in Planung und Fertigung.
Dabei müssen Produkte durch Auswahl und Vorgaben von Eigenschaften an individuelle Kundenanforderungen angepasst, bzw. konfiguriert werden. Mit steigender Anzahl an Optionen steigt jedoch auch die Komplexität und die Varianz an möglichen Endprodukten. Bei diesen Herausforderungen kann die Variantenkonfiguration in SAP S/4HANA unterstützen, sowohl den Kunden durch den Verkaufsprozess zu führen als auch die Vielzahl der Produktvarianten effizient zu verwalten.
Mit der neuen, erweiterten Variantenkonfiguration „Advanced Variant Configuration” (AVC) in SAP S/4HANA hat die SAP (seit 2018) das Nachfolgeprodukt zur klassischen Variantenkonfiguration (LO-VC) auf den Markt gebracht. Dabei handelt es sich um eine neue Varianten-Engine, die eine optimierte und flexible Abarbeitung der Konfiguration auf Basis der HANA Technologie ermöglicht, sowie eine neue und moderne Benutzeroberfläche mit SAP Fiori bietet.
Dabei kommen Fragen auf, sowohl zum Nutzen als auch zu den Funktionen der erweiterten Variantenkonfiguration. Wir unterstützen Sie gerne dabei, einige dieser Fragen zu klären...
Übersicht für Konfigurationsmodellierer
Die neue Fiori-Anwendung "Übersicht Variantenkonfiguration" enthält alle wichtigen Informationen für Konfigurationsmodellierer. Über Quicklinks erreicht man schnell alle Anwendungen zur Bearbeitung der relevanten Objekte wie Merkmale, Klassen, Beziehungswissen und die Modellierungsumgebung (PMEVC). Diese App können Benutzer auch als Arbeitsvorrat für die Variantenkonfiguration verwenden.
Die neue Simulationsumgebung bietet dem Modellierer eine übersichtliche Konfigurationsoberfläche mit Möglichkeiten zur Analyse und Konsistenzprüfung der Datenmodelle.
Folgende Bereiche und Informationen stehen zur Verfügung:
- Im Kopfbereich werden die Konfigurationsparameter vorgegeben und angezeigt, für die eine Simulation durchgeführt wird.
- Die Merkmalsbewertung in der Fenstermitte, als zentraler Bereich, der nicht ausblendbar ist und letztendlich die Konfiguration veranschaulicht.
- In dem linken Bereich der Konfigurationsoberfläche dem sogenannten Strukturbereich, kann zwischen verschiedenen Sichten gewechselt werden:
- Konfigurierbare Positionen, von Bedeutung bei bei mehrstufigen Konfigurationen.
- Stückliste mit Darstellung der Maximalstückliste und der Auswirkung der Merkmalsbewertung.
- Arbeitsplan mit Darstellung des Maximalarbeitsplans und der Auswirkung der Merkmalsbewertung.
- Über den neuen Inspector, im rechten Bildschirmbereich, erhalten Sie schnell Informationen über das aktuell ausgewählte Objekt in der Konfiguration inklusive dazugehörigem Beziehungswissen.
Prozessoptionen bei konfigurierbaren Produkten
1. Make-to-Order (MTO) / Make-to-Stock (MTS)
Vollständig ausgeprägte Konfigurationen eines konfigurierbaren Materials werden im voraus angelegt und erst produziert, sobald ein Kundenauftrag mit dieser Ausprägung vorliegt. Materialbedarfsplanung und Produktionsplanung werden durch den Kundenauftrag ausgelöst (MTO).
Um Beschaffungsprozesse zu optimieren oder Produktionslinien optimal zu nutzen, können jedoch gängige Varianten auf Lager vorproduziert werden und Kundenwünsche direkt vom Lager befriedigt werden. Materialbedarfsplanung, Beschaffung und Produktion kann hiermit über ein individuelles Material, die Materialvariante, gesteuert werden (MTS).
2. Configure-to-Order CTO
Die Konfiguration (Ausprägung) des Produkts erfolgt erst im Rahmen des Angebots oder des Kundenauftrags. Über vordefinierte Regeln und Beziehungswissen wird in der Konfiguration sichergestellt, dass nur technisch machbare Kombinationen ausgewählt werden können. Diese Sonderform des Make-to-Order Prozesses wird als Configure-to-Order bezeichnet. Aus Planungs-Sicht können Einzelkomponenten und Baugruppen in den Vorbaustufen vorgefertigt werden.
3. Engineer-to-Order (ETO)
Der Kundenwunsch kann durch den CTO-Prozess nicht vollständig abgebildet werden und muss in einem nachfolgenden Klärungs- und Konstruktionsprozess weiter spezifiziert werden.
Materialvarianten (im MTS Szenario)
Eine Materialvariante ist ein eigener Materialstamm, der eine spezifische konkrete Ausprägung / Merkmalbewertung eines konfigurierbaren Materials darstellt. Somit kann dieses konfigurierte Material als Lagermaterial ohne Bezug zu einem Kundenbedarf disponiert und gefertigt werden.
Bei der Angebots- oder Kundenauftragserfassung findet während der Merkmalsbewertung eine automatische Variantenfindung im Hintergrund statt, indem die aktuelle Positionsbewertung mit vorhandenen Bewertungen von Materialvarianten vorgenommen wird. Wird eine hundertprozentige Übereinstimmung gefunden, wird dies im Bewertungsfenster angezeigt.
Sofern keine Materialvariante zur konkreten Ausprägung gefunden wird, kann aus der Bewertungssicht die Anlage einer Materialvariante angestoßen werden.
Die Verwendung von Materialvarianten in den logistischen Prozessen hat sowohl Vorteile als auch Schattenseiten.
- Lagerfertigung ohne direkten Kundenauftragsbezug. Somit, Verkauf ab Lager mit kürzeren Lieferzeiten möglich.
- Minimierung von Rüstkosten, da in optimalen Losgrößen auf Lager produziert werden kann.
- Oft verkaufte Ausprägungen können den Kunden unter einer konkreten Materialnummer angeboten werden, was auch mit einfacherer Kommunikation und Datenaustausch einhergeht.
- Verkaufspreise können auf Materialnummernebene hinterlegt werden.
- Die Verbindung zu dem konfigurierbaren Material kann nicht zurückgenommen werden.
- Änderungen an Konfigurationsmodellen kann u.U. zu inkonsistenten Materialvarianten führen.
- Werksspezifische Bewertungen werden nicht automatisch in andere Werke übernommen.
- Zusätzliche Stammdatenverwaltung.
CTO- und ETO-Prozess
Der CTO-Prozess startet mit einem Angebot für ein konfigurierbares Produkt. Wenn alle Kundenwünsche durch die Konfiguration erfüllt werden können, wird das Angebot freigegeben und im einen Kundenauftrag umgewandelt. Direkt anschließend kann die Bedarfsplanung starten und das Produkt gefertigt werden. Die folgenden logistischen Prozesse unterscheiden sich dann nur geringfügig zu einer klassischen Kundeneinzelabwicklung.
Wenn Sonderwünsche des Kunden durch die Konfiguration nicht erfüllt werden können, besteht die Möglichkeit in einen ETO-Prozess, die sogenannte Projektfertigung, zu wechseln. Voraussetzung dafür ist, dass für das konfigurierbare Material ein weiteres Konfigurationsprofil mit Konfigurationsszenario Auftragsstückliste definiert wurde. Der Wechsel aus dem CTO-Prozess in den ETO-Prozess erfolgt direkt in der Bewertungssicht der Variantenkonfiguration.
Damit ist ein nahtloser Wechsel von dem CTO Fertigungsauftragsszenario zu einer ETO Projektfertigung / Auftragsstücklisten-Szenario möglich.
Die Kundenauftragsposition ist für nachgelagerte Prozesse bis zur Vervollständigung durch das Engineering gesperrt und erzeugt somit auch keine Bedarfe.
Für den Auftrags-Engineering Prozess steht eine Fiori Anwendung „Auftrags-Engineering-Arbeitsvorrat“ zur Verfügung.
Die Liste der Verkaufsbelegpositionen, die zur Bearbeitung im Engineering übergeben wurden, ist nach Status gegliedert.
- Bereit für Engineering
- In Bearbeitung durch Engineering
- Reengineering erforderlich
Die Anpassungen die im Engineering vorgenommen werden, müssen vom Vertrieb bestätigt werden. Bei Ablehnung wird eine Reengineering-Schleife notwendig, bis alle Kundenwünsche mit dem Vertrieb abgestimmt sind.
Die Bestätigung des Vertriebs erfolgt in der Konfigurationsübersicht im Kundenauftrag. Der Unvollständigkeitsstatus der Auftragspositionen wird dadurch automatisch entfernt und die Bedarfe an Beschaffung und Produktion weitergegeben.
Merkmalserfassung in der Auftragsübersicht
Um Konfigurationen im Vertrieb möglichst schnell erfassen zu können, ist es möglich die Merkmalsbewertung im Vertriebsbeleg zu aktivieren, so dass ein Absprung in die Konfigurationsoberfläche nicht zwingend notwendig ist.
Analytics
Für nicht konfigurierbare Produkte sind Auswertungen auf Ebene der Materialnummer oder darüber abgeleitete Gruppierungskriterien üblich, z.B. Umsatz pro Verkaufsgebiet nach Produkt oder Produkthierarchie. Hierfür gibt es im SAP-Standard vordefinierte Analysen.
Für konfigurierbare Produkte müssen neben der Materialnummer zusätzliche modellabhängige Merkmale betrachtet werden, wie z.B. welche Ausprägungen einer Konfiguration wurden in den letzten 12 Monaten am häufigsten verkauft. Je höher die Produktvarianz, desto größer auch die Datenmengen die im Prozessablauf anfallen. Angefangen bei den Stammdaten – Materialstamm und Materialvarianten, Maximalstücklisten und Maximalarbeitspläne, Variantenkonditionen usw. – bis hin zu Bewegungsdaten wie Kundenauftragsposition oder Bestellposition. Diese Vielfalt stellt besondere Herausforderungen sowohl an die Datenhaltung aber vor allem an die Datenauswertung.
In S/4HANA steht mit der HANA-Datenbanktechnologie und der Komponente Embedded Analytics die Möglichkeit für Echtzeitauswertungen bereit, die heutzutage selbstverständlich angenommen werden. Dabei setzen die Frontend Anwendungen auf den virtuellen Datenmodellen (VDM) des S/4HANA Systems auf, die durch CDS Views abgebildet werden.
Q²factory – Ihr Partner auf dem Weg zur erweiterten Variantenkonfiguration (AVC)
Wir bieten Ihnen folgende Leistungen:
- Zusammenarbeit mit erfahrenen Beratern im Bereich der Variantenkonfiguration
- Identifikation von sinnvollen Einsatzgebieten des SAP AVC
- Aufbau und Umsetzung erster Pilotanwendungen
- Planung und Begleitung einer flächendeckenden Umsetzung
Die Qualität unserer Beratungsleistungen auf dem Gebiet SAP AVC sichern wir durch folgende Elemente:
- Prozess-, Organisations-, Technologie- und IT-Knowhow aus einer Hand
- Hoch spezialisierte Berater, die es gewohnt sind, Integrations- und Schnittstellenthemen gemeinsam zu lösen
- Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette: Produktentwicklung, Industrialisierung, Produktion und Supply Chain Management
- Langjährige Erfahrung in der Realisierung von integrativen Prozess- und IT-Projekten – belegt durch zahlreiche Referenzen
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